artifex 04/2024: Erlebniswelt Wasser
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Leuchttürme_Wächter über Menschen und Meere
WÄCHTER über Menschen und Meere
»Ar Men«, bretonisch »der Felsen, heißt der zwischen 1867 und 1881 erbaute Leuchtturm im Atlantik nahe der bretonischen Westküste. Er markiert den Eingang der Sein-Passage. (Foto: © Nicolas Job)
Der Pharos von Alexandria gehört zu den sieben Weltwundern der Antike. Wahrscheinlich zählt der um 280 v. Chr. gebaute Leuchtturm zu den bekanntesten Türmen der Geschichte. Der in Alexandria, Ägypten, erbaute Turm diente wie all seine Nachfolger als Navigationshilfe für Schiffe. Mit seinem Licht wies er den Seeleuten den sicheren Weg in den Hafen. Mit den Leuchttürmen kamen auch die Leuchtturmwärter. Sie wohnten oftmals monatelang mit ihren Familien in den ikonischen Bauten. »Ich habe die Gerüche und Geräusche noch im Kopf, als sei es gestern gewesen.« Der Seemann Louis Cozan lebte zwei Jahre in einem Leuchtturm vor Quessant in der Bretagne. »Wir lebten wie Mönche.«
Tatsächlich waren es Mönche, die Ende des 17. Jahrhunderts auf den Türmen ihrer Abteien an der Küste nachts ein Feuer entzündeten. Mit der Verbesserung der Beleuchtungstechnologie im 18. und 19. Jahrhundert und mit der Elektrifizierung vieler Leuchttürme im 20. Jahrhundert verbesserte sich auch das Leben der Leuchtturmwärter. Mit dem Einzug der Automatisierung entfiel mehr und mehr die Notwendigkeit dieses Berufes.
Obwohl längst viele traditionelle Leuchttürme nicht mehr in Betrieb sind, weisen sie heute zumeist Touristen den Weg hin zu diesen Baudenkmälern. Andere sind vor allem in abgelegenen oder gefährlichen Gewässern immer noch im Einsatz. Wie in der Bretagne. Die Region verfügt nicht nur über eine bezaubernde Küstenlandschaft. Die bretonische Küste ist zudem bekannt für ihre tückischen Riffe und starken Strömungen. Von den 148 Leuchttürmen Frankreichs sind allein 52 an der bretonischen Küste zu finden. Viele von ihnen trotzen schon seit mehr als 200 Jahren den bis zu 50 Meter hohen Wellen des Atlantischen Ozeans.
Der Leuchtturm, der mitten im Meer stehend als »Hölle der Hölle« bekannt wurde, ist der »Ar-Men«. Der 33,5 Meter hohe Turm steht auf einem Felsen und ist bis heute ein Symbol für die Wildheit des Meeres. Bekannt wurde er vor allem durch das Foto von Jean Guichard. Es zeigt, wie eine meterhohe Welle gegen den Turm schlägt. Das kleinste Türmchen der Bretagne steht in der Mündung des Rivière de Pont-l’Abbé in Loctudy. Der schachbrettartige Anstrich hat mit seiner ungewöhnlichen Bemalung sogar einen Platz im Stadtwappen bekommen.
bretagne-reisen.de
Doch entlang der europäischen Küsten sind weitere beachtliche Leuchttürme zu finden. Wie zum Beispiel beim »Cabo de São Vicente«. Das portugiesische Kap weist gleich zwei Besonderheiten auf. Der rot-weiße Leuchtturm »Farol do Cabo de São Vicente« gilt als der südwestlichste Punkt Europas. Für die Menschen galt er lange als das Ende der Welt. Erst Heinrich der Seefahrer trat mit seiner mutigen Fahrt um das Kap den Beweis an, dass die Erde keine Scheibe ist. 1846 erbaut, leuchtet sein 3.000 Watt starker Lichtstrahl immer noch bis zu 90 Kilometer auf das offene Meer hinaus. Erbaut auf einem Felsplateau ragt der »Farol do Cabo de São Vicente« auf einer Höhe von 60 Metern als Wahrzeichen an der Algarve, unweit des Ortes Sagres hinaus. Die Festungsanlage aus dem 16. Jahrhundert diente ursprünglich Franziskanern-Mönchen als Kloster. Vom Kap aus bietet sich den Besuchern eine atemberaubende Aussicht auf die Steilküste.
visitalgarve.pt/de
Seit Mitte der Neunziger verkaufen an diesem Ort Wolfgang und Petra Bald deutsche Bratwurst. In ihrem umgebauten Grillwagen mit der Aufschrift »Letzte Bratwurst vor Amerika« verkaufen sie seit 1996 original Nürnberger und Thüringer Bratwürste. Großen Wert legen die Deutschen auf die Qualität ihrer Wurst. »Wie nehmen lieber in Kauf, dass der eine oder andere über den Preis meckert«, lehnen sie seit 28 Jahren den Verkauf von billiger Wurst aus Überzeugung ab.
letztebratwurst.com
Der Torre de Hércules (Herkulesturm) gilt als der bekannteste Leuchtturm Spaniens. Erbaut in A Coruña, in der Region Galicien, ist er der älteste noch betriebene Leuchtturm Spaniens. Ursprünglich im 1. oder 2. Jahrhundert n.Chr. von den Römern erbaut, steht der Turm seit 2009 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes. Sein Name leitet sich von einer Legende ab. Demzufolge errichtete Herkules dem Riesen Geryon diesen Turm und vergrub dort den Kopf des Riesens. Über 242 Stufen kann die Aussichtsplattform des 55 Meter hohen Bauwerkes erreicht werden. Restauriert im 18. Jahrhundert, ist der Turm ein beliebtes Ziel für Touristen. Von oben gibt es einen einzigartigen Ausblick auf die Stadt A Coruña und den Atlantik.
turismo.gal
Sein rot-weiß gestreiftes Design macht den Leuchtturm Westerheversand in der Gemeinde Westerhever auf der Halbinsel Eiderstedt in Schleswig-Holstein mit zu einem der bekanntesten Türme an der deutschen Küste. 1908 in Betrieb genommen, steht der ikonische Turm auf einem 1.000 Meter breiten Vorland. Erreicht werden kann der Turm nur über einen 1,5 Kilometer langen Bohlenweg. Umgeben ist das von der UNESCO geschützte Bauwerk von dem Nationalpark SchleswigHolsteinisches Wattenmeer. Als Kultobjekt der Region wurde das Wahrzeichen in zahlreichen Filmen, Serien und Werbespots gezeigt. Der Leuchtturm ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Wer die 157 Stufen hinaufsteigt, wird mit einem Blick über das Wattenmeer belohnt.
westerhever-nordsee.de
Der Lange Jan ist ein funktionaler Leuchtturm und zugleich bedeutendes historisches Wahrzeichen Schwedens. Im Jahr 1785 erbaut bekam der Leuchtturm auf der Insel Öland den Namen für seine beachtliche Höhe von 44 Metern. Errichtet am südlichsten Punkt der Insel ist der Turm aus Kalkstein mit seiner weißen Fassade leicht erkennbar. Vor allem in der Vogelbeobachtungszeit ist der Lange Jan ein beliebtes Ziel. Gelegen im Ottenby Naturreservat können hier zahlreiche Vogelarten beobachtet werden. Nach einer Leuchtturm-Besteigung bietet das Besucherzentrum Informationen über den Leuchtturm und die lokale Natur.
oeland.net
Der Leuchtturm Skagen Fyr in Dänemark inspirierte dank seines besonderes Lichts viele Künstler zu ihren Gemälden. Darunter Maler wie Peder Severin Krøyer oder Anna Ancher. Gelegen im Norden Dänemarks treffen an diesem Ort Nord- und Ostsee aufeinander. Ein Grund, der viele Urlauber anlockt. Der ursprüngliche Turm wurde 1627 erbaut. Das heutige Gebäude stammt aus dem Jahr 1858 und ist nach wie vor ein wichtiger Orientierungspunkt für Seefahrer. Der bekannte Leuchtturm ist ein klassischer roter Backsteinturm. Mit einer Höhe von 46 Metern bietet er von der Aussichtsplattform auf dreißig Metern Höhe einen spektakulären Ausblick auf die Landschaft und das Meer.
enjoynordjylland.de
Einer der ältesten Leuchttürme Europas ist auf der Insel Hiiumaa in Estland zu finden. Der Standort für den Kõpu wurde aufgrund der gefährlichen Gewässer gewählt. Der heutige Turm wurde im Jahr 1531 erbaut. Seine ungewöhnliche konische Form gibt ihm sein markantes Aussehen. Mit einer Höhe von 36 Metern weist er Schiffen nach wie vor den Weg. Im Laufe des Bestehens wurde der Kõpu Leuchtturm mehrmals modernisiert und den Anforderungen der Schifffahrt angepasst. Über steile Treppen können Besucher den Ausblick auf das Meer genießen. Für die Tradition Estlands ist der Kõpu ein bedeutendes Bauwerk, das unter Denkmalschutz steht.
visitestonia.com
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