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Murcia_heiße Strände und kühles Eis

Heiße Strände und kühles Eis – DIE VIELFALT VON MURCIA

Die Kathedrale der Heiligen Maria in Murcia

Berghöhen und Sandstrände, historische Fiestas und moderne Architektur, das Land rund um Murcia ist so vielfältig wie selten sonst auf der Iberischen Halbinsel.

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WOLFGANG SCHUMACHER

Murcia: In den Rücken der Sierra Espuña, die sich im Hinterland der Provinz Murcia als bis zu 1.500 Meter hohe und malerische Berglandschaft erhebt, schmiegen sich die historischen Gebäude des Landgasthofes »Hospedería Bajo El Cejo«, gleichsam wie gemalt präsentiert sich das Hotel im Dorf El Berro, dort, wo es viel ländlicher und entspannter nicht geht.

Die Stadt Cartagena mit dem römischen Amphitheater. Foto: © iStock.com/HakatDie Stadt Cartagena mit dem römischen Amphitheater. Foto: © iStock.com/Hakat

Die bevorzugte Lage der Hotelerie ist nur noch zu toppen durch die Qualität und Freundlichkeit der Gastronomen, die den Gasthof am Fuße des Naturparks der Sierra Espuña im Hinterland der Provinz Murcia betreiben, bislang ein Geheimtipp, der das Zeug hat, nicht mehr lange so top secret zu bleiben. Außer ihrer ausgesprochen landschaftlichen Schönheit hat die Sierra Espuña Seltenes zu bieten.

Außer ihrer ausgesprochen landschaftlichen Schönheit hat die Sierra Espuña Seltenes zu bieten.

KÜHLEIS AUF MAULTIEREN

Aus vergangenen Jahrhunderten sind merkwürdige pilzförmige Bauwerke erhalten, die umgehend jeden Besucher neugierig machen. Es sind bis zu 26 aus Steinen errichtete Schneeschächte, die wie Radarstationen anmutenden »Pozos de la Nieve«, in denen die Bauern zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert in den Wintermonaten Schnee einlagerten und die weißen Flocken so massiv verdichteten, um sie als Kühleis in den heißen Sommermonaten nachts auf Maultieren in die Städte und Dörfer zu bringen. Dort wurde verderbliche Ware – darunter etwa auch Medikamente – mithilfe der von weither transportierten Eisblöcke frisch gehalten, ebenso wie heute in Kühlschränken oder Eistruhen.

In den »Pozos de la Nieve« wurde in den Wintermonaten Schnee eingelagert. Foto: © Wolfgang SchumacherIn den »Pozos de la Nieve« wurde in den Wintermonaten Schnee eingelagert. Foto: © Wolfgang Schumacher

Die Steinbauwerke wurden in zwei Ausführungen errichtet, die größere Variante war etwa neun Meter im Durchmesser und etwa sechs Meter tief ins Erdreich versenkt. Der Grund: Dort bleibt der Schnee länger kalt und wartet sodann auf einen Einsatz in den heißen Sommern unten in den Städten der Provinz, die im Süden sogar bis an das ebenso heiße Andalusien grenzt.

Zurück aus den Bergen ist selbstredend die Kathedrale wie eigentlich immer in großen spanischen Städten ein Erlebnis, so auch die prächtige Marien-Kirche in der Stadtmitte von Murcia. Quasi nebenan in der Innenstadt (Trapería 18) wartet der Eingang eines Casinos auf Besucher, nein, dort braucht man keine Jetons oder gezinkte Karten, um dort etwas zu erleben.

Es handelt sich um das »Real Casino Sozial«, das gegen Mitte des 19. Jahrhunderts in einem alten adeligen Stadthaus von (reichen) Bürgern eingerichtet wurde, allerdings gar nicht zu elitären Zwecken, sondern geöffnet für alle Schichten. Heute noch glänzt die inzwischen wieder restaurierte Einrichtung mit spiegelnden Passagen und feschen Ballsälen, ein Hochgefühl für Luxusmenschen.

Mar Menor Lagune, von Los Alcazares, Murica Foto: © iStock.com/Juan Rodriguez PazosMar Menor Lagune, von Los Alcazares, Murica Foto: © iStock.com/Juan Rodriguez Pazos

Auf dem Weg von der Hauptstadt zur historischen Hafenstadt Cartagena sollte man etwas weiter im Norden durchaus das touristisch sehr beliebte »Mar Menor« (das kleinere Meer) besuchen. Hier ist die große Meeresbucht von einer durchgehenden (und durchgängig mit Hotels bebauten) Landzunge vom Wasser des »Hauptmeeres« abgetrennt, La Manga heißt die Nehrung, die eine nur knapp bemessene Landbrücke mit beidseitigen Stränden bietet, insbesondere für Spanier hat diese Urlaubsregion etwas ganz Besonderes.

HANNIBALS ZUG GEGEN DIE RÖMER

Nicht weniger beeindruckend ist dann die Stille an den Stränden im Naturpark Calblanque, der erstaunlicherweise mit einem Nacktbadestrand aufwartet, die Gegend ist eben »naturbelassen «. So erlauben die Behörden im Sommer nur täglich 300 Besuchern die Fahrt zu den nahen Parkplätzen, Schilder warnen vor Schlangen und Echsen.

»DER GIPFEL DES FESTES MÜNDET IN DER HOCHZEIT HANNIBALS MIT DER IBERISCHEN PRINZESSIN HIMILCE.«

Zum Fest der Römer und Karthager findet ein Straßenumzug statt. Foto: © iStock.com/Q77photoZum Fest der Römer und Karthager findet ein Straßenumzug statt. Foto: © iStock.com/Q77photo

Der Kracher an der Küste der Provinz Murcia ist jedoch zweifellos der historische Boden des einst phönizischen Militärstützpunktes Cartagena, 227 vor Christi Geburt vom Karthagerfürsten Hasdrubal gegründet. Sein Sohn Hannibal zog von hier aus in den Krieg gegen die Römer. Das neue Karthago auf der Iberischen Halbinsel heißt heute Cartagena und war für Hannibal 218 v. Chr. der Startpunkt für den 2. Punischen Krieg. Hannibal ist berühmt wegen der Alpenüberquerung seiner Truppen samt der aus Afrika mitgebrachten Kampfelefanten, die er über die teilweise verschneiten Alpenpässe in Richtung Po-Ebene und dann weiter gegen Rom trieb.

Heute hat Cartagena rund 220.000 Einwohner und ist eine lebendige Stadt, die mit ihrer inzwischen wieder komplett ausgegrabenen karthagischen Historie ein Freiluftmuseum mit einer ausgeklügelten Geschichtsdidaktik ist, der große Feldherr Hannibal grüßt quasi aus jedem archäologischen Graben.

So heißt eine große Fiesta im Herbst (15. bis 24. September) denn auch Fest der »Karthager und Römer« (Carthagineses y Romanos), die »modernen« Cartagener stellen die Auseinandersetzung in historischen Kostümen in einem großen Festzug durch die Innenstadt nach, ein sehenswertes und ausgelassenes Fest mit viel Lokalkolorit und internationaler Bedeutung, das am Ende in der Hochzeit Hannibals mit der iberischen Prinzessin Himilce gipfelt.
turismoregiondemurcia.es/de

Ein Fest der Gastronomie
Während dieser Tage findet auch der »Mercado de Epoca de Carthagineses y Romanos« statt, ein Markt im Stil der damaligen Zeit, auf dem unter anderem typische Gerichte probiert werden können, wie Reis mit Kaninchen, murcianisches Ratatouille und die typischen Fleischpasteten.

Regionalpark der Sierra Espuña
Eine riesige Landschaft, die sich über die murcianischen Gemeinden Aledo, Alhama, Mula, Pliego, Totana und Librilla erstreckt, und ein ideales Ziel für Wanderer, Vogelbeobachter und Menschen, die großartige Panoramablicke genießen möchten.
spain.info/de

Flut am Calblanque-Strand im Süden von Murcia. Foto: © iStock.com/makasanaFlut am Calblanque-Strand im Süden von Murcia. Foto: © iStock.com/makasana


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