artifex 03/2024: Wein
Vorlesen:
artifex 03_24 - HEISS BEGEHRT_Glühwein
HEISS begehrt
(Foto: © iStock.com/Ievgeniia Lytvynovych)
Das Würzen des Weines hat eine sehr lange Tradition. Sogar die alten Römer sollen ihren Wein teilweise mit Zucker und Gewürzen aromatisiert haben. Das machte das Getränk genussvoller und haltbarer. Für Aufsehen in Sachen Historie sorgte vor einer Weile das sächsische Archiv. Dort sollte das älteste Glühwein-Rezept Deutschlands aufgetaucht sein. Demzufolge war unter der Feder des Raugrafen August Ludwig von Wackerbarth der Ursprung des aromatischen Getränks im Jahr 1843 zu finden. Eine Behauptung, die jedoch später von Nils Brübach vom Sächsischen Staatsarchiv aufgrund einiger Recherchen widerlegt wurde.
Der Ursprung dieses köstlichen Heißgetränks ist nicht vollkommen geklärt. Sicher ist jedoch, in Maßen genossen gibt es nichts Herrlicheres als einen warmem Becher Glühwein mit dem Duf t nach Zimt und Orange.
»Rechnet man die damals verwendeten Maßeinheiten auf die aktuellen um, kommt nach heutigem Geschmack jedoch ein ziemlich überwürzter Wein heraus, der wohl kaum jemandem schmecken dürfte«, fndet sich eine Erklärung auf der Website des Start-up-Unternehmen »organic-glühwein«. Seit 2018 produziert das Unternehmen unter dem Markennamen Kollektiv IV unter anderem einen Design-Glühwein. Ihr Ziel: das ihrer Meinung nach angestaubte Image des herkömmlichen Glühweins nachhaltig zu verändern.
Eins scheint aber zumindest sicher. Schon die Schweden im 16. Jahrhundert haben unter König Gustav Wasa dem warmen Wein die heute noch charakteristischen Gewürze beigemischt. Bekannt ist dieser Würzwein unter dem Namen »Glögg« und zur Weihnachtszeit äußerst beliebt. Eine Verbindung nach Sachsen ist allerdings nicht von der Hand zu weisen. Immerhin war König Wasas Ehefrau, Katharina von Sachsen-Lauenburg, aus dem deutschen Sachsen. Belegt ist jedoch die Entstehungsgeschichte des kommerziellen Glühweins.
1956 war es der Augsburger Rudolf Kunzmann, der zum ersten Mal fertig abgefüllten und damit erschwinglichen Glühwein zum Kauf anbot. Von da an nahm die Geschichte ihren Lauf. Die Inhaber von »organic Glühwein« betonen: »Mit unserem weißen Glühwein Hyggelig wollen wir übrigens das Rad nicht neu erfinden: Schon zu Zeiten von Wackerbarths wurde auch weißer Wein gewürzt, In den Schriften des Raugrafen findet sich unter den insgesamt 65 Rezepten auch eines für ein Mixgetränk auf Weißweinbasis. Etwas ausgefallener als noch zu von Wackerbarths Zeiten ist Røsabel, ein Roséwein mit dem Aroma echter Rosenblüte und sorgfältig ausgesuchten Gewürzen, der im Winter für die Extraportion Gemütlichkeit sorgt.« (organic-gluehwein.de)
Sowieso: Unter den Winzer in Deutschland werden zunehmend Glühweine mit individuellen Rezepten aus eigener Herstellung, zum Teil auch in Bio-Qualität, angeboten. Die fruchtbetonten Rotweine aus den deutschen Anbaugebieten eignen sich sehr gut für einen aromatischen Glühwein. Durch die Erwärmung kommen die an rote Früchte erinnernden Weinaromen noch stärker zum Ausdruck und ergeben eine wundervolle Harmonie mit den würzenden Zutaten. Auch weiße Glühweine, etwa aus Riesling oder Müller-Thurgau, finden sich im Angebot. Interessenten werden in der Online-Winzersuche fündig!
»Weinrechtlich gesehen handelt es sich bei Glühwein um ein aromatisiertes weinhaltiges Getränk, das ausschließlich aus Rotwein oder Weißwein hergestellt und gesüßt, sowie gewürzt wurde«, erläutert das Deutsche Weininstitut (DWI) das Lieblingsgetränk der Deutschen in der Winterzeit. Der Zusatz von Alkohol ist ebenso verboten wie der von Wasser oder Farbstoffen. Der vorhandene Alkoholgehalt muss mindestens 7 Vol.-% und weniger als 14,5 Vol.-% aufweisen.
RICHTIG ZUBEREITET
Beim Erwärmen des Glühweins sollte darauf geachtet werden, dass er nicht zu stark erhitzt wird oder gar siedet, da ansonsten die filigranen Fruchtaromen verloren gehen und Bitterstoffe entstehen. Ab einer Temperatur von 78°C entweicht zudem der Alkohol. Auch bei der Dosierung der Gewürze ist Vorsicht geboten. Zu viel Gewürznelke macht den Glühwein ungenießbar. Auch Zimt, Sternanis und Piment können bei zu hoher Konzentration die Fruchtaromen des Weins überdecken. Die Devise, »Eher weniger denn mehr« gilt auch beim Süßen. »Hier lieber zurückhaltend sein«, empfiehlt das DWI. »Wer bereits lieblichen Wein verwendet, braucht häufig nicht mehr viel Zucker oder Honig.«
Eine wichtige Rolle kommt auch den frischen Gewürzen und der Auswahl eines Qualitätsweins zu. Begriffe wie Winzer-Glühwein oder Weingut auf dem Etikett garantieren, dass der Glühwein nur aus eigenen Weinen und im Betrieb selbst zubereitet wurde. Findet man die Angabe Deutscher Glühweins auf dem Etikett, wurde dieser ausschließlich aus heimischen Grundweinen hergestellt. Nach dem ersten Erhitzen den Glühwein sollte das Getränk ruhig ein paar Stunden ziehen können. Vielleicht sogar über Nacht, damit sich die Aromen voll entfalten können. Anschließend den Glühwein durch ein Sieb gießen. So stören die Gewürze nicht beim Trinken.
Ein letzter Tipp der Glühweinexperten: Wer gute Zutaten verwendet und den Glühwein in Maßen trinkt, wird den größten Genuss haben!
REZEPT
ZUTATEN
1 Liter
Rotwein (halbtrocken)
2 Zimtstangen
10 Gewürznelken
2 Sternanis
3 Bio-Orangen
60-70 g brauner Zucker
50 ml Rum
1. Rotwein mit Gewürzen in einem Topf erhitzen. 2 Orangen halbieren, den Saft auspressen und zum Rotwein geben. Übrige Orange heiß waschen, trocknen und in feine Scheiben schneiden. 3-4 Scheiben zum Garnieren beiseite legen, die übrigen mit in den Topf geben. Alle Zutaten cIRCA10 Minuten bei niedriger Hitze köcheln lassen.
2. Braunen Zucker und Rum zugeben und weitere 2 Minuten köcheln lassen. Nach Belieben mit Orangenscheiben oder Orangenschalen und Zimtstangen garnieren und heiß servieren.
Rezepte Eine Broschüre mit Rezepten kann kostenlos heruntergeladen werden: shop.deutscheweine.de
Quelle: Deutsche Weine
artifex 03/2024: Wein - Seite 51