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artifex 03_24 - DER RIESLINGMACHER_Max von Kunow

DER RIESLINGMACHER

Carina und Max von Kunow leben und arbeiten auf dem Weingut von Hövel. Ein Vorfahr erwarb den Betrieb direkt von Napoleon Bonaparte.

In diesem Jahr blickt das Weingut von Hövel auf sein 220-jähriges Jubiläum. Seit 2011 ist der Betrieb an der Saar in den Händen von Max von Kunow. Seitdem hat der Cousin von Günther Jauch dem Riesling ein neues Image verpasst. Dafür erntet er jedes Jahr Auszeichnung für Auszeichnung.

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BRIGITTE KLEFISCH

Foto: © Fotos: Shahzad Talukder/Neha Deshmuk on Unsplash/Thomas JungFoto: © Fotos: Shahzad Talukder/Neha Deshmuk on Unsplash/Thomas Jung

Wenn der leidenschaftliche Winzer von seiner Arbeit spricht, dann geht es nicht nur um Weinwirtschaft und Innovationen, sondern auch um gelebtes Kunsthandwerk. Winzer oder Koch? Schon als kleines Kind wusste Max von Kunow, dass bei seiner Berufswahl der Geschmack eine wichtige Rolle spielen sollte. Mit 18 begann er schließlich eine Ausbildung zum Winzer. Stationen seiner Ausbildung sind das Weingut Kruger-Rumpf in Münster-Sarmsheim an der Nahe, der Lucashof in Forst in der Pfalz und – quasi als krönender Schluss bei dem Spezialisten für Burgunder – das Weingut von Wolf-Dietrich Salwey am Kaiserstuhl. Nachdem er das gesamte deutsche Winzerwissen sozusagen inhaliert hatte, zog es ihn nach Südafrika, »um die Herstellung der Weine im neuen Land kennenzulernen«.

Doch Max von Kunow wollte mehr. Nach dem Zivildienst besuchte er die Technikerschule für Weinbau und Kellerwirtschaft in Veitshöchheim, und studierte an der Hochschule Geisenheim Internationale Weinwirtschaft. Mit all seinem erworbenen Wissen ging er erst einmal ins benachbarte Luxemburg. Er wird Berater von über vierzig privat geführten Winzerbetrieben. »Diese Jahre haben mir unendlich viel gebracht«, erzählt er. In jener Zeit tauchte er auch in die Welt des Crémants ein. Ein Umstand, der Jahre später eine ganz besondere Bedeutung bekommen sollte.

Im Jahr 2010 erkrankte sein Vater schwer. »Ich bin damals ad hoc eingesprungen«, schildert von Kunow gegenüber »Artifex« die Anfänge als Weingutbesitzer und Kellermeister. Zunächst pendelte er zwischen Luxemburg und Konz-Oberemmel. Ab 2011 wird er auf dem historischen Gelände sesshaft. Das 10,5 Hektar große Gelände ruht samt Gewölbekeller und Gebäuden auf den Resten einer ehemaligen Wasserburg. Gegründet im 12. Jahrhundert durch den Frankenkönig Ardul und dem Trierer Bischof Maximin, blickt die ehemalige Reichsabtei St. Maximin allerdings nicht auf eine wirklich ruhmreiche Zeit zurück. Im Gewölbekeller, dort wo heute noch die traditionellen Fuderfässer lagern, fanden mehr als 1.100 Hexenprozesse statt.

Region SAAR AN DER MOSEL: Max von Kunow legt Wert auf die jährliche Bearbeitung der Böden. Daher ist er in der Lage, auch trockene Rieslingsorten anzubieten. Foto: © Fotos: Shahzad Talukder/Neha Deshmuk on Unsplash/Thomas JungRegion SAAR AN DER MOSEL: Max von Kunow legt Wert auf die jährliche Bearbeitung der Böden. Daher ist er in der Lage, auch trockene Rieslingsorten anzubieten. Foto: © Fotos: Shahzad Talukder/Neha Deshmuk on Unsplash/Thomas Jung

Mit dem Einzug Napoleon Bonapartes endete die Macht der Kirche. Am 6. Dezember 1803 ließ der General und Kaiser der Franzosen kurzum das komplette Areal in Luxemburg Stadt versteigern. Der Trierer Kaufmann Emmerich Grach übernahm das ehemalige Klostergelände samt Rebstöcken. Den Überlieferungen zufolge schenkte er drei Jahre später Napoleon bei einem Besuch in Trier in den berühmten Napoleonbecher einen Oberemmeler Riesling ein. Wenn Max von Kunow Besuchern diese historischen Fakten schildert, darf ein Punkt nicht fehlen. Über einen gemeinsamen Vorfahren ist er als Cousin vierten Grades mit Günther Jauch verwandt. Der führt in unmittelbarer Nachbarschaft das Weingut von Othegraven. So sind die von Napoleon eingenommenen und später versteigerten Weingüter immerhin in der Familie geblieben.

»ÜBER DIE FEINFRUCHTIGEN, ELEGANTEN UND FILIGRANEN WEINE WOLLTE ICH ZEIGEN, DASS WIR AUCH DIE TROCKENEN REBSORTEN ANBIETEN KÖNNEN.« MAX VON KUNOW

Region SAAR AN DER MOSEL: In den sogenannten Fuderfässern lagert der Wein in dem ursprünglichen Gewölbekeller der Wasserburg. Foto: © Fotos: Shahzad Talukder/Neha Deshmuk on Unsplash/Thomas JungRegion SAAR AN DER MOSEL: In den sogenannten Fuderfässern lagert der Wein in dem ursprünglichen Gewölbekeller der Wasserburg. Foto: © Fotos: Shahzad Talukder/Neha Deshmuk on Unsplash/Thomas Jung

Über die Jahrzehnte hinweg galt das Augenmerk dem Riesling. Vater Eberhard von Kunow hatte sich vorwiegend auf typische Saarrieslinge spezialisiert. Das sind Weine mit einer edlen Restsüße, aber niemals süß oder lieblich. 2011 übernahm Sohn Max den Traditionsbetrieb und schlug einen neuen Weg ein. »Über die feinfruchtigen, eleganten und filigranen Weine wollte ich zeigen, dass wir authentische, filigrane, aber auch trockene Weine anbieten können.« Dafür geht er Jahr für Jahr in die 22 Hektar großen Steilhänge. Gemeinsam mit Ehefrau Carina versorgt er den Boden mit bodenbelebenden Präparaten. Das sind mit Bakterien, Hefen und Pilzen angereicherte Pellets. Diese erreichen in Zusammenarbeit mit den natürlichen Kräutern ein Bodenleben mit einem sehr hohem Nährhumusanteil – eine Grundlage für die vielschichtigen naturbelassenen Weine, die besonders gut gedeihen. Für diese naturnahe Bewirtschaftung wurde das Weingut von Hövel nach den strengen Richtlinien des Verbandes »Fair & Green« ausgezeichnet. Neben dem Verzicht auf Herbizide und Pestizide gehört auch die faire Entlohnung von Arbeitskräften zu den Standards.

Die vielfachen Auszeichnungen bestätigen den Winzer auf seinen innovativen Wegen. Gerade erst wurde er von Falstaff Weinguide Deutschland für den 2022er-Jahrgang als »Kollektion des Jahres« ausgezeichnet. Die Begründung: »Max von Kunow brennt für den Saar-Riesling. Als siebte Generation seiner Familie kann er auf gefestigte Vorstellungen zurückgreifen, wie ein Scharzhofberger Kabinett oder eine Hütte Auslese zu schmecken hat. (…). So hat er zuletzt jeden Stein umgedreht, um trotz Klimawandel das große Erbe der Saar forttragen zu können. (…) Gratulation!«

Seine Philosophie über natürliche, handwerklich produzierte Weine teilt er mit der Spitzenköchin Léa Linster. Gemeinsam mit der Luxemburgerin haben beide das Projekt Crossmosel ins Leben gerufen. Unter dem Label LMEAAX bieten der Deutsche und die Luxemburgerin einen Riesling und einen Crémant an. Alles für den grenzenlos guten Geschmack!
weingut-vonhoevel.de


artifex 03/2024: Wein - Seite 16